Inklusion? - Für mich normal!

INKLUSION – das hat doch was mit Behinderung zu tun, oder?

Ja und Nein, kann ich darauf nur antworten, denn Behinderung ist nicht für jeden gleich ersichtlich. Behindert sind die, die körperlich oder/und geistig ein Handicap haben – ist eine Mutter mit Kinderwagen behindert? Ist jemand, der für mehrere Wochen mit Krücken laufen muss behindert? Sicher nicht, werden jetzt fast alle sagen. Was aber passiert, wenn diese Mutter mit ihrem Kinderwagen in den zweiten Stock eines Amtes muss und kein Aufzug vorhanden ist? Dann ist sie in diesem Moment eingeschränkt in ihrem Leben – zumindest bis ihr jemand hilft, den Kinderwagen in den zweiten Stock zu tragen ... Und was hat das mit Inklusion zu tun? 

Inklusion heißt einfach nur, dass ich mein Leben selbstbestimmt in allen Bereichen führen kann. Im Beispiel der Mama mit Kinderwagen baut die Behörde „inklusiv“, d.h. sie baut in ihr Gebäude einen Fahrstuhl und damit ist allen Menschen, die das Amt besuchen geholfen: Dem Rollstuhlfahrer genauso, wie dem älteren Herren, der eben nicht mehr so einfach Treppen steigen kann oder der oben genannten Mama.

Also Inklusion heißt nur Teilhabe am Leben!

 Jeder soll die Möglichkeit haben selbstbestimmt zu leben!

Und zwar jeder so, wie es seinen Fähigkeiten entspricht.

 Warum soll ein Rollstuhlfahrer nicht musizieren können, warum ein Mensch mit geistigem Handicap kein Ehrenamt ausüben können.

Er/Sie kann vielleicht nicht den Vorsitz führen in einer Konferenz, aber vielleicht die Telefonliste schreiben und verteilen. Er/Sie kann vielleicht kein Instrument spielen, aber die Homepage des Vereins pflegen ... möglich ist vieles, man sollte nur allen Menschen die Chance geben aktiv am Leben teilzunehmen, in dem man Räume und Möglichkeiten schafft, die es ihnen ermöglicht!

Noch inklusiver wären diese Zeilen allerdings, wenn sie ein Mensch mit Handicap geschrieben hätte, der jeden Tag mit diesem Thema umgehen muss:

Der z. B. jeden Tag mit seinem Rollstuhl in die Stadt fährt und sich über Mülltonnen, die auf Gehwegen stehen und nicht abgesenkte Randsteine, ärgert. Darüber ärgert sich auch ein Blinder, der darauf angewiesen ist, „freie Bahn“ zu haben, aber eben auch die Mama mit Kinderwagen oder ältere Menschen. Manche Werbung in Schaufenstern kann nicht gelesen werden, weil jemand mit rot-grün Blindheit sie nicht entziffern kann. Viele Seiten im Internet bieten Informationen, die auch Menschen mit geistigen Einschränkungen interessieren würden – leider sind sie so mit Fremdwörtern gespickt oder mit Schachtelsätzen geschrieben, dass sie nicht verstanden werden. Hier wäre es hilfreich, wenn man sich Hilfe von kompetenten Partnern holt und die Seite auch in Leichter Sprache anbietet. Diese kompetenten Berater sind im besten Fall Menschen mit geistiger Einschränkung. Nur sie können entscheiden, ob es dann wirklich leichter zu lesen ist.

Und es lohnt sich wirklich, diesen Weg zu gehen. 

Von Annette Halbritter

Alexander Rossner